Wenn man nun gefragt wird: Leben wir jetzt in einem aufgeklärten Zeitalter?
so ist die Antwort: Nein, aber wohl in einem Zeitalter der Aufklärung.
Wie nie zuvor verfügen wir heute über ein Maß an Wissen über die Lebensphasen des Menschen, über sein Denken und Fühlen, seinen Typus. Wir können uns psychische Blockaden und Verstörungen erklären, haben viele erprobte Verfahren, mit denen wir in individuelle Schemata, Glaubenssätze oder Formen der Angst eintauchen können. Wir wissen recht genau, wie Menschen lernen und welche psychischen und kommunikativen Bedürfnisse sie haben. Wir haben recht genaue Vorstellungen davon, wie Menschen Sinn finden. Über Wertvorstellungen und auch darüber, wie sie Einstellungen, Haltungen, Motive und Verhalten prägen, kann sich jeder Mensch umfänglich informieren. Man könnte also meinen, wir leben in unserem Kulturkreis in einem aufgeklärten Zeitalter.
Und doch scheint sich eine besondere Lebenssituation diesem verfügbaren Wissen zu entziehen: Die ‚Krise‘.
Urplötzlich von ihr getroffen, wissen viele Menschen nicht mehr ein noch aus.
Unterstützt wird diese Ohnmacht durch Ansichten wie diese:
„Eine Krise verwandelt den Menschen. Sie hat die Kraft,
den Menschen für das Menschliche zu öffnen und zwar so,
dass alle bisherigen Ansichten – so fest sie auch zementiert waren,
so sehr sie auch durch Vorurteile gepflegt wurden, und so sehr sie auch
gerechtfertigt schienen – buchstäblich weggesprengt werden.“
Meinen Sie auch, dass Sie erst durch eine Krise ‚für das Menschliche geöffnet werden‘? Sind Sie auch der Ansicht, dass Sie erst durch eine Krise, die Aspekte Ihres Lebens wegsprengt ‚reifen‘? Sind Sie von der Idee überzeugt, dass Sie erst dann zu einer ‚gestandenen Persönlichkeit‘ geworden sind, wenn Sie unter Beweis gestellt haben, dass Sie einmal mehr aufgestanden als hingefallen sind? Glauben Sie, dass Menschen, die in ihrem Leben zwar Krisen erlebt, diese ihnen jedoch nicht den Boden unter den Füßen weggezogen haben, keine ‚gereiften, gestandenen, menschlichen Persönlichkeiten‘ sein können?
Vielleicht werden Sie – rückblickend auf vergangene Krisen – davon sprechen, dass Sie durch die eingetretenen Situationen vieles über sich gelernt oder dass die Krisen Ihnen Ihre ‚Augen für das Wesentliche geöffnet‘ haben. Wer will es einem Menschen verübeln, sich über tragische Ereignisse irgendwann milde zu äußern. Wer hätte kein Verständnis dafür, dass Menschen sich ihre Vergangenheit ein Stückchen ‚neu erfinden‘, um besser zu ertragen, was war. Aber ist das alles ‚zwingend‘?
Wir glauben das nicht [mehr]. Natürlich werden Menschen von Krisen heimgesucht, und natürlich hinterlassen Krisen ihre Spuren. Was uns aber stört, ist die Suggestion, Menschen wären per se nicht in der Lage, sich auf Krisen derart einzustellen, so dass sie ihre Identität und Selbstwirksamkeit erhalten. Dafür, dass dies gut gelingt, können Menschen auf die Errungenschaften psychologischen Grundlagenwissens zurückgreifen und jeder für sich ein neues Zeitalter einläuten: Das Zeitalter der Selbstaufklärung.
Life2Me leistet einen Beitrag zur Selbstaufklärung. Mit einfachen Worten.